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John Otranto Semmler
Munich American Peace CommitteeRede auf dem Odeonsplatz am 13.10.2001
gehalten in Englisch (engl. Manuskript s. u.), Übersetzung Monika Lauer (vielen Dank!)Wir haben uns heute hier versammelt, um uns mit zwei äußerst bedrohlichen Tatsachen, bedrohlich für uns alle, auseinanderzusetzen. Die eine ist die Absicht der Vereinigten Staaten, den Weltraum zu militarisieren und zu dominieren, und die andere ist der derzeitige militärische Angriff Amerikas auf Afghanistan.
Zunächst sollte klar sein, dass dies keine antiamerikanische Demo ist, sondern eine Friedenskundgebung, eine Kundgebung für friedliche Konfliktlösungen und für eine friedliche zukünftige Welt. Andererseits ist es offensichtlich, dass die USA, die hemmungslos risikobereite Supermacht, die größte Bedrohung für eine friedliche Welt darstellt. Ihre destabilisierende und provozierende Politik muss von jedem mit einem Sinn für Fairness und Goodwill kritisiert werden.
Nur die USA haben unseren Planeten in militärische Zonen eingeteilt und ihre Truppen in über 140 Ländern der Welt stationiert, um ihr militärische Vorherrschaft zu Land, See und im Luftraum zu sichern. Und nur die USA haben öffentlich in den Plänen des Pentagon ihre Absicht proklamiert, die Welt vollständig zu dominieren. Sie haben bereits über 200 Milliarden für die Technologie und Hardware ausgegeben, die sie brauchen, um den Weltraum ungehindert zu beherrschen.
Der amerikanische Kongress plant gerade, dem Pentagon für eine Fortsetzung der Arbeit mit weltraumstationierten Waffen, wie nukleare und chemische Laser, hochenergetische Geschosse, Strahlengeschosse, Lieferfahrzeuge, Satelliten und Interzeptoren, 7 bis 8 Milliarden Dollar zu genehmigen. Die Aufrüstung des Weltraums durch die USA ist bereits voll im Gange. Seit mehreren Jahren haben die USA durchschnittlich einen Weltraumstart pro Woche zu verzeichnen - mehr als der Rest der Menschheit zusammen. Warum? Damit die US-Raumfahrtbehörde ihre Mission erfüllen kann, "die Weltraumdimension militärischer Operationen zu dominieren, um die Interessen und Investitionen der USA zu schützen (und) das Weltraummilitär im ganzen Konfliktspektrum in die Kampfoptionen einzubeziehen."
Kann es einen Zweifel geben, dass dieser provokative und aggressive Plan zu einem noch schlimmeren Rüstungswettlauf als während des Kalten Krieges führt? Und warum? Um laut militärischer Planung die Vorherrschaft der USA weltweit und im All für ein halbes Jahrtausend zu sichern. Ist es dies was die Menschheit für eine bessere Welt braucht, eine Supermacht mit den militärischen Möglichkeiten, jede Nation unter Druck zu setzen, die mit ihrer Vorherrschaft nicht einverstanden ist? Ich denke, dass dieses Ziel Amerikas nicht ganz im Interesse der Menschheit ist. Es ist nicht demokratisch. USA fragt die Vereinten Nationen nicht, ob es in Ordnung ist, den Rest der Menschheit zu dominieren. Im Gegenteil, durch ihre Ablehnung des Kyoto-Protokolls zur weltweiten Erwärmung, des Internationalen Gerichtshofs, des völligen Verbots von Atomtests, des Landminenabkommens, der Chemical and Biological Weapons Convention, der Konvention zur Wahrung der Kinderrechte, der Law of the Sea Conference und anderer internationaler Abkommen, haben die USA wiederholt eine unilaterale Haltung in den internationalen Beziehungen demonstriert. Sie wollen die Welt entsprechend ihren Bedingungen, ihren Konditionen dominieren.
Der Angriff auf Afghanistan ist ein Beispiel für ihre Macht-, Überlegenheits- und Kontrollbesessenheit. George W. Bush kaufte sich was er eine Koalition nennt - wie sein Vater im Golfkrieg - als eine Rechtfertigungsillusion, hinter der die USA jeden Krieg führen können, den sie wollen, gegen wen auch immer sie wollen, wann immer sie wollen. Doch ihre Aktionen in Afghanistan sind genauso illegal wie die der Verbrecher, die sie angeblich bestrafen.
Ich verabscheue die Verbrechen, die am 11. September in den USA begangen wurden, genauso wie ich die Verbrechen verabscheue, die gerade gegen das afghanische Volk begangen werden. Keine Nation, oder Gruppe von Nationen, hat die USA als einzigen Richter und Henker Osama bin Ladens oder anderer Personen bestellt, die verdächtigt werden, diese abscheulichen Verbrechen in New York, Virginia und Pensylvania begangen zu haben. In einer zivilisierten Welt steht keine Nation über dem Recht oder ist dazu befugt, diese Ausübung des Rechts selber in die Hand zu nehmen, selbst wenn die USA sich weigern, den Internationalen Gerichtshof zu akzeptieren.
Wollen wir einen Augenblick lang die ethischen Hintergründe des Verhaltens der USA betrachten, d.h. untersuchen, ob philosophisch gesehen ihr Verhalten gut oder böse ist. Man kann als moralischen Maßstab denjenigen verwenden, der von allen Religionen und von den meisten nichtreligiösen Philosophen als "Goldene Regel" akzeptiert wird, nämlich, "die Anderen so zu behandeln, wie man selber behandelt werden möchte." Wir könnten auch den Standpunkt Albert Schweitzers und vieler anderer Denker in Betracht ziehen, die glauben, dass die Grundlage jeder ethischen Gesinnung die Achtung allen Lebens ist.
Deshalb fragen wir uns, haben die USA das Recht, die Rolle eines Weltmessias, einer Weltpolizei, eines globalen Richters und Henkers zu spielen? Dürfen die USA sich das Recht herausnehmen, eine Regierung zu stürzen und sie durch eine andere zu ersetzen, die den Interessen Amerikas wohlgesonnen ist? Dürfen die USA Regierungen wie die von Israel, der Türkei, Ägyptens, Saudiarabiens, Pakistans und andere mit Geld und Waffen unterstützen, die unentwegt die Rechte ihrer Bürger missbrauchen und verletzen? Haben die USA die moralische Autorität, mehr als 2 Millionen Menschen - hungernde, arme, alte Männer und Frauen und Kinder - aus ihren Heimen und ihrem Land mit Bomben und Geschossen zu vertreiben, und unschuldige Menschen unter dem Vorwand zu töten, ihre nationalen Interessen zu schützen? Gibt es eine ethische Grundlage dafür, die Vereinten Nationen davon abzuhalten, Millionen verhungernden Menschen Nahrung zu geben, damit die mächtigen USA ihren militärischen Feldzug gegen das kriegsgebeutelte, verarmte afghanische Volk führen können? Als Amerikaner und Pazifist finde ich das Verhalten meines Landes unethisch und unmoralisch und ich bitte Sie, Ihre Stimmen gegen ein solches Verhalten zu erheben. Das menschliche Leben ist ein Geschenk Gottes. Nur der Schöpfer allen Lebens kann darüber entscheiden.
13 October 2001
Address to Peace Rally at Odeonsplatz (Übersetzung: oben)
We are here today to consider two very threatening facts of life, threatening to all of us. One is the intention of the United States to militarize and dominate outer space and the other is America's ongoing military attack on Afghanistan.
First it should be clear that this is not an anti-American demonstration; it is a rally for peace, for peaceful solutions to conflict and for a future world at peace. On the other hand, it does appear that the US, the world's recklessly adventurous superpower, presents the greatest threat to a peaceful world. Its destabilizing and provocative policies have to be confronted by everyone with a sense of fairness and goodwill.
Only the US has divided the planet into military zones and stationed its troops in over 140 countries around the world to ensure its military dominance over Earth's land, seas and air. And only the US has publicly proclaimed in Pentagon plans its intention to fully dominate space. It has already spent over $200 billion on the technology and hardware it needs to rule space unchallenged.
The American Congress is about to hand the Pentagon between $7 billion and $8 billion to continue working on space-based weapons like nuclear-powered and chemical lasers, high energy and particle beam guns, delivery vehicles, satellites and interceptors. The weaponization of space by the US is well underway. The US has been averaging about one space launch per week for the past several years - more than the rest of humanity combined. Why? So that the US Space Command can fulfill its mission to "dominate the space dimension of military operations to protect US interests and investment (and) integrat(e) Space Forces into warfighting capabilities across the full spectrum of conflict."
Can there be any doubt that this provocative and aggressive plan will lead to an even worse arms race than we saw during the Cold War? And why? To ensure US hegemony worldwide and into space, for half a millennium, according to military planners. Is this what humanity needs for a better world, one hyperpower with the military capacity to suppress any nation that disagrees with its domination? I think this American goal is not in humanity's best interest. It is not democratic. The US is not asking the United Nations if it's OK to dominate the rest of humanity. On the contrary, by its rejection of the Kyoto Protocol on Global Warming, the International Criminal Court, the Comprehensive Test Ban Treaty, the Land Mine Treaty, the Chemical and Biological Weapons Convention, the Convention on the Rights of the Child, The Law of the Sea Conference and other international agreements, the US has repeatedly demonstrated a unilateralist approach to international relations. It wants to dominate the world on its terms, on its conditions.
Its aggression in Afghanistan is an example of its obsession with domination, superiority and control. George W. Bush purchased what he calls a coalition - like his father did for the Gulf War, as an illusion of legitimacy behind which the US can wage the war it wants, against whomever it wants, whenever it wants. But its actions in Afghanistan, are as illegal as those of the criminals it claims to be punishing.
I abhor the crimes committed in the US on 11 September as much as I abhor the crimes being perpetrated against the people of Afghanistan. No nation or group of nations appointed the US to be the sole judge and executioner of Osama bin Laden or others suspected of those heinous crimes in New York, Virginia and Pennsylvania. In a civilized world no nation is above the law or entitled to take the law into its own hands, even if the US refuses to accept the International Criminal Court.
Let's, for a moment, look at the ethics of America's behavior, meaning the philosophical examination of whether conduct is morally good or bad. One can use as a moral benchmark, one accepted by all religions and most non-religionists, the "Golden Rule," namely "treat others the way you would want to be treated." We might also consider the position of Albert Schweitzer and many others who believe the basis of ethics is a reverence for all life. As a pacifist, I and others, hold all life sacred including the life of a criminal.
Let's ask then, is it right for the US to assume the role of world messiah, of world cop, of global judge and executioner? Should the US presume the right to overthrow another government and replace it with one sympathetic to American interests? Should the US support with money and weapons governments like those in Israel, Turkey, Egypt, Saudi Arabia, Pakistan and others that continually abuse and violate the rights of their citizens? Does the US have the moral authority to drive more than 2 million people - hungry and poor old men, women and children - out of their homes and their country with its bombs and missiles, and kill innocent people indiscriminately under the rubric of protecting its national interests? Is there an ethical basis for causing the United Nations to stop feeding millions of starving people so that the mighty US can conduct its military campaign against the war-weary, impoverished Afghani people? As an American and a pacifist, I find the conduct of my country unethical and immoral and I ask you to raise your voices against such behavior. Human life is a divine gift. Only the Creator of life has sovereignty over it. Thank you.