Süddeutsche Zeitung 25. März 2002
Nachgefragt
Hat der Ostermarsch eine neue Chance?
SZ: Hoffen Sie, dass Sie dieses Jahr mehr Menschen auf die
Beine bringen als in den vergangenen Jahren?
Iberl: Ich halte es zumindest für möglich. Aber wir werden es
natürlich erst hinterher wissen.
SZ: Wieviele Marschierer erwarten Sie?
Iberl: In den letzten Jahren waren es knapp 1000. Es müssen
nicht unbedingt mehr werden. Wir haben uns abgewöhnt, es
als Zählappell zu betrachten.
SZ: Aber die derzeitige politische Situation müsste doch
eigentlich ihrer Initiative Anschub geben.
Iberl: Wir hoffen natürlich, dass die Gegenwehr stärker wird.
Auch die Resonanz auf die regelmäßige Mahnwache zum
Beispiel ist stärker geworden.
SZ: Die USA führen einen Antiterrorkrieg, Israelis und
Palästinenser finden keine Einigung und Deutschland investiert
erneut in Aufrüstung. Wofür genau gehen Sie auf die Straße?
Iberl: Das Motto sagt ziemlich viel: Krieg ist kein Mittel gegen
Terror, sondern ist selbst Terror. Es gibt hundert
Möglichkeiten, den Gefahren, die die Menschen jetzt überall
spüren, zu begegnen. Krieg ist nicht nur ein schlechtes Mittel,
sondern es ist untauglich und führt in eine Sackgasse.
SZ: Der Antiterrorkrieg ist also das Hauptthema?
Iberl: Naja, das wird uns auch aufgezwungen. Das Thema
bewegt alle Menschen. Wir erklären aber auch ausdrücklich
Solidarität mit den Opfern von Gewalt, engagieren uns für
eine gerechte Weltwirtschaftsordnung. Man kann nicht
einfach sagen, ich mag Militär nicht, sondern man braucht
noch ein paar weiter führende Argumente.
SZ: Das heißt, Sie gehen mit der Antiglobalisierungsbewegung
Hand in Hand?
Iberl: Ja, auf jeden Fall.
SZ: Attac ist in diesem Jahr zum ersten Mal dabei.
Iberl: Letztes Jahr gab es Attac noch gar nicht. Wir freuen
uns natürlich sehr, dass hier eine gewisse Dynamik
entstanden ist, nicht nur beim Friedensthema, sondern
generell.
SZ: War das selbstverständlich, dass sich Attac dem
Ostermarsch anschließt?
Iberl: Nein. Das internationale Attac wurde durch die
Ereignisse vom 11. September sehr erschüttert. Im Herbst
gab es eine große Konferenz von Attac in Berlin mit mehreren
tausend Teilnehmern. Sie stand unmittelbar unter den
Eindrücken des 11. September. Dort hat sich herausgestellt,
dass die Attac-Bewegung den Zusammenhang mit der
Friedensbewegung sehr stark sieht. Umgekehrt hat auch
speziell das Münchner Friedensbündnis sehr bewusst gesagt,
wir sind nicht nur gegen Krieg, sondern wir müssen die
Ursachen thematisieren. Mit Themen wie Globalisierung,
Neoliberalismus und sozialer Abbau haben wir uns
systematisch befasst.
SZ: Andere Ostermarsch-Organisatoren haben sich immer
gerne einem regionalen Thema gewidmet, um mehr Leute
anzusprechen. Haben Sie auch ein Münchner Thema?
Iberl: Uns beschäftigt natürlich noch die
Sicherheitskonferenz. Sie hat uns sehr bewegt, sonst hätten
wir uns schon früher um unseren Ostermarsch gekümmert. Wir
sind bis jetzt mit den Auswirkungen befasst, weil sich die
Leute Sorgen machen, wenn sie in Datenbanken gelandet sind
und nicht wissen, wie sie da wieder raus kommen.
Interview: Doris Näger
Foto: Andreas Heddergott
Franz Iberl vom Organisationsteam des Veranstalters
Münchner Friedensbündnis.
Süddeutsche vom 11.03.02
Friedensbündnis lädt zum Ostermarsch ein
Das Münchner Friedensbündnis lädt auch in diesem Jahr
wieder zum Ostermarsch der Friedensbewegung ein. Unter dem Motto "Krieg ist
kein Mittel gegen Terror - Krieg ist Terror" soll für Solidarität mit
den Opfern der Gewalt und für eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung eingetreten
werden. Für die Kundgebung am Samstag, 30. März, am Marienplatz wird unter
anderem Clemens Ronnefeldt vom Internationalen Versöhnungsbund erwartet. Erstmals
wird heuer Monika Cyrani Gospels singen. Der Ostermarsch startet mit einem Gottesdienst
um 10 Uhr in der St.-Johannes-Kirche. Um 10.30 Uhr findet eine Auftaktkundgebung am
Orleansplatz statt mit anschließendem Marsch zum Marienplatz.
Die Abschluss-Kundgebung ist für 12.15 Uhr geplant. (abec)