Münchner
Friedensbündnis
Münchner Friedensbündnis - c/o Friedensbüro e.V.,
Isabellastr. 6, 80798 München
Redebeitrag Gina Gillig, BÜRGER GEGEN ATOMREAKTOR GARCHING
e. V.
60. Jahrestag der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und
Nagasaki
Freitag, 5. August, 21 Uhr,
Kundgebung auf dem Marienplatz, München
Heute ist der Vorabend des 60. Jahrestages des Atombombenabwurfs auf
Hiroshima, und wenige Tage später auf Nagasaki.
Wir gedenken all der Opfer dieser grausamsten Waffe, die der Mensch
bisher erfunden hat, um zu zerstören und zu töten.
Wir gedenken all der Menschen,
die unschuldig Opfer dieser verheerenden Waffe wurden,
dies mit ihrem Leben bezahlten,
und wenn Sie am Leben blieben krank wurden
oder ausgegrenzt und gemieden wurden und immer noch werden
weil sie radioaktiver Strahlung ausgesetzt waren.
Mein Name ist Gina Gillig, ich arbeite ehrenamtlich in den beiden
gemeinnützigen Vereinen MÜTTER GEGEN ATOMKRAFT e. V. und im
Vorstand der BÜRGER GEGEN ATOMREAKTOR GARCHING e. V.
Ich bin von den Veranstaltern eingeladen worden – wofür ich mich
herzlich bedanken möchte-, heute an diesem denkwürdigen Abend
zu sprechen zu dem Thema
Was hat Hiroshima mit dem
Atomforschungsreaktor FRM 2 zu tun?
15 km nördlich von hier in Garching bei München steht der
erste Neubau eines neuen deutschen Atomreaktors nach der Katastrophe
von Tschernobyl, der Atomforschungsreaktor München 2 mit dem
Kürzel FRM 2. Die erste Kernspaltung darin erfolgte letztes Jahr.
Seitdem läuft der Reaktor nicht störungsfrei. Mit
großem Bromborium und Festakt nahm Ministerpräsident Stoiber
den FRM 2 am 9. Juni 2004 mit 1000 geladenen Gästen auf Kosten des
Steuerzahler offiziell in Betrieb.
Stoiber spricht verharmlosend von „Neutronenquelle“ und
liebkosend von „unsere Heimatquelle“.
Doch nein, kein Wort aus seinem Mund, dass der Atomreaktor zu jenem
Zeitpunkt gar nicht in Betrieb war, sondern 2 Monate lang
abgeschaltet werden musste wegen massiver Probleme.
Verharmlosen, Vertuschen und selbst Unwahrheiten sind die Strategien
der Steigbügelhalter der Atomtechnologie.
Die Atomtechnologie
Sowohl die militärische als auch die sogenannte zivile Nutzung
richtet sich gegen das Leben.
Die Idee des nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und
Nagasaki eingeläuteten Programms der 'Friedlichen Nutzung der
Atomenergie' erwies sich als fataler Irrtum.
Die 'Atoms for Peace-Kampagne' hatte ursprünglich versprochen,
dass die Atomtechnik die Völker verbinden würde.
Genau das Gegenteil trat ein und ist vielmehr ein großangelegter
Betrug.
Denn mit dieser 'Atoms for Peace-Kampagne' verfolgten und verfolgen
viele Länder auch die militärische Option.
Der stumpfe Atomwaffensperrvertrag wird ignoriert.
Unter dem Deckmantel der ‚friedlichen Nutzung der Atomkraft’ befindet
sich die Welt im Wettrennen um die Atombombe. Rüstungsexperten
prophezeien das düstere Szenario einer Welt mit mindestens zwei
Dutzend weiterer Atomwaffenstaaten.
Je größer der Kreis der Atommächte wird – ob offiziell
oder nicht -, desto unmöglicher ist auch der florierende
Atomschmuggel zu unterbinden.
FRM 2 und atomwaffenfähiges Uran
Im FRM 2 wird hochangereichertes Uran (HEU = High Enriched Uranium)
eingesetzt in Form von Uransilizid: der Anreicherungsgrad beträgt
93 %.
Es ist ohne große technische Hürde möglich, aus dem
Uransilizid das atombombenfähige Uran herauszulösen.
HEU ist zum Bau von Atombomben exzellent geeignet. Technologisch ist es
einfacher, Atombomben aus Uran als aus Plutonium zu bauen. Dies macht
es gerade für Terroristen und Länder, die die Atombombe
wollen, besonders interessant - die in Pakistan vor 7 Jahren
gezündete Atombombe war eine Uranbombe, entsprungen aus einem
'zivilen' Forschungsreaktorprogramm.
In vielen Ländern besteht ein Zusammenhang zwischen
Forschungsreaktoren und nuklearer Rüstung.
Der neue Reaktor in Garching ist nach zwei Jahrzehnten der erste Neubau
in der westlichen Welt, in dem wieder Atombombenstoff eingesetzt werden
soll. Das internationale RERTR-Programm (Reduced Enrichment for
Research and Test Reactors) hat bisher erfolgreich dazu beigetragen,
dass atombombenfähiges, hochangereichertes Uran im zivilen Bereich
aus Proliferationsgründen (Proliferation = Handel und Verbreitung
von Atomwaffenmaterial) zunehmend nicht mehr verwendet wird, schon
gar nicht in einem Reaktorneubau.
Die USA liefern aus diesem Grund den Brennstoff nicht.
Die Bayerische Staatsregierung setzte sich mit einem Deal mit
Rußland über die weltweiten Bemühungen zur
Nichtverbreitung von Atomwaffenstoff hinweg.
Durch den FRM 2 entsteht ein neuer Markt für HEU.
Mit dem Garchinger Atomreaktor ist ein Präzedenzfall geschaffen,
auf den sich andere Länder berufen können. Selbst nach dem
sogenannten Abbrand wird das Uran immer noch 89 % angereichert sein und
damit bombenfähig.
Außerdem ist es nicht endlagerfähig. Die Entsorgung ist
völlig ungelöst und bürdet unseren Kindern und
Kindeskindern eine unglaublich gefährliche Hinterlassenschaft auf.
Hiroshima war eine Uranbombe.
Der FRM 2 untergräbt die weltweiten Bemühungen,
atombombenfähiges Uran wenigstens aus dem zivilen Bereich zu
entfernen. Er ist der Türöffner zur Weiterverbreitung dieses
brisanten Materials. Auch eine Umstellung auf 50 % angereichertes Uran
ist völlig unzureichend, denn Uran 235, das über 20 %
angereichert ist, ist atomwaffentauglich.
Die atomhörige Bayerische Staatsregierung mit ihren Helfeshelfern
auf Bundesebene verhalten sich weltweit einzigartig verantwortungslos!
Wir, die wir heute hier zusammen mit vielen Menschen auf der ganzen
Welt der Opfer der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki
vor 60 Jahren gedenken –
Wir, die wir nächstes Jahr an die Opfer von Tschernobyl vor 20
Jahren gedenken werden –
Wir fordern eine Abkehr von der militärischen und zivilen Nutzung
der Atomspaltung.
Wir wollen eine Welt, die zukunftsfähig ist.
Die atomaren Risiken sind politischen und moralischen unverantwortbar.
Wir brauchen Volksvertreter, die hierzu klar Farbe bekennen und nicht
solche, die dies missachten.
Lassen Sie mich noch eine Bemerkung machen zur lokalen Situation hier
in München machen, die kaum bekannt ist und tunlichst gerade im
Zusammenhang mit der BUGA bzw. in der Öffentlichkeitsarbeit der
Bayerischen Staatsregierung im Zusammenhang mit der Verbesserung
der bakteriologischen Wasserqualität der Isar tunlichst vermieden
wird zu thematisieren:
In die Isar östlich des Reaktors werden radioaktive Abwässer
eingeleitet.
Nichtsahnende Erholungssuchende baden gleich unterhalb der
Einleitungsstelle! Schilder dürfen wir nicht aufstellen, sie
werden gleich wieder entfernt. Man will die Menschen dumm halten.
Die radioaktiven Einleitungen sind bisher in der
Öffentlichkeitsarbeit zur Sanierung der Isar nie thematisiert
worden.
Es ist unglaublich, dass bei Radioaktivität Kostenersparnis
Vorrang vor dem Schutz der Gesundheit und dem Leben der
Bevölkerung hat.
Da nutzt es wenig, wenn zurecht die Isar vor Keimen gereinigt wird, man
sie aber an anderer Stelle als radioaktive Müllkippe benutzt.
Wir fordern den sofortigen Stopp der radioaktiven Einleitungen in die
Isar in Garching östlich des Atomforschungsreaktors FRM 2.
Gerade erst vor 2 Wochen ist ein ausgezeichnetes Buch erschienen mit
dem Titel
DAS ATOMRAE KUCKUCKSEI FRM 2 – überflüssig, teuer und
Bomben-gefährlich“.
Dieses Buch möchte ich Ihnen ganz herzlich empfehlen. Es ist eine
hervorragende Zusammenfassung der gesamten Problematik des FRM 2 im
globalen Kontext.
Sie finden den Hinweis darauf auch auf unserer Internetseite www.frm2.de
Der Münchner Atomforschungsreaktor FRM 2 in Garching ist der
einzige Neubau eines Atomreaktors in Deutschland seit Tschernobyl, und
er hat Brückenfunktion für den Bau nächster
Atomkraftwerke. Dies bestätigte kürzlich Prof. Böning,
der den FRM 2 mit entwickelt hat.
Der FRM 2 ist auch der einzige Reaktor weltweit, dessen Entwickler ein
Abrüstungsprogramm nutzten um Abrüstungsziele zu unterlaufen.
Das dürfen wir nicht zulassen!
Befreien wir uns von der nuklearen Geißel!
Lasst uns gemeinsam weiterhin energisch eintreten für eine
atomwaffenfreie und atomreaktorfreie Welt!
Herzlichen Dank.
Gina Gillig
Vorstand der BÜRGER GEGEN ATOMREAKTOR GARCHING e. V.
Danziger Straße 19
85748 Garching
Tel. 089 / 31 77 28 13
Fax o89 / 31 77 28 14
www.frm2.de