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Über den Libanon hinaus (Beyond Lebanon)

Es ist jetzt Zeit für eine US-geführte umfassende Regelung
Brent Scowcroft 30.7.06, Washington Post

Außenministerin Condoleezza Rice hat erklärt, ein einfacher Waffenstillstand im Libanon sei nicht die Lösung für die augenblickliche Gewalttätigkeit. Sie sagt, es sei notwendig, sich mit den Ursachen des Problems zu beschäftigen. Sie hat in beiden Punkten recht. Aber die Hisbollah ist nicht die Quelle des Problems, sie ist ein Ausfluß der Ursache, nämlich des tragischen Konflikts um Palästina, der 1948 begann.

Die Ostküste des Mittelmeeres ist von einem Ende zum anderen in Aufruhr, in der Wiederholung der dauernden Konflikte in einem oder dem anderen Teil seit den erfolglosen Versuchen der Vereinten Nationen, 1948 separate israelische und palästinensische Staaten zu gründen. Die augenblickliche Feuersbrunst hat die Welt aufgerüttelt. Jetzt vielleicht mehr denn je haben wir die Möglichkeit, die Sorge und die Energie zu nutzen, um eine umfassende Lösung für die ganze 58 Jahre alte Tragödie zu erreichen. Nur die Vereinigten Staaten können die notwendige Anstrengung anführen, diese Gelegenheit zu ergreifen.

Die Rahmenbedingungen für eine umfassende Regelung sind klar seit Präsident Clintons Anstrengungen im Jahr 2000 zusammenbrachen. Die wesentlichen Elemente sind:
Diese Bedingungen sind allen bestens bekannt, die in der Region leben und auch denen, die seit Jahrzehnten daran arbeiten, einen dauerhaften Frieden zu erreichen. Was jedoch atemberaubend kompliziert erscheint, ist, wie man in der Region und außerhalb den notwendigen politischen Willen mobilisiert, diese Prinzipien zu einer Übereinkunft für ein dauerhaftes Abkommen umzuformen.

Die augenblickliche Krise im Libanon stellt eine historische Gelegenheit dar, um zu erreichen, was bisher unmöglich erschien. Es hieß immer, es sei zu viel zu erwarten, daß die direkt Betroffenen – israelische und palästinensische Führer – vorangehen. Dies ist die Verantwortung anderer, in erster Linie der Vereinigten Staaten, die allein die internationale Gemeinschaft, Israel und die arabischen Staaten zu einer Aufgabe mobilisieren können, die so viele frühere Anstrengungen vereitelt hat.

Wie sollte ein solcher Prozess organisiert sein? Das naheliegende Mittel, diesen Prozess zu steuern, wäre das Quartett (die USA, die EU, Russland und die Vereinten Nationen), das im Jahre 2001 genau dafür gegründet wurde. Das Quartett, würde auf der Ebene der Außenminister zuerst die notwendige internationale Streitmacht für den den Südlibanon und für Gaza organisieren und dann einen Waffenstillstand ausrufen. Die Sicherheitstruppe müßte das Mandat und die Fähigkeit haben, hart auf Gewaltakte zu reagieren. Im Idealfall wäre dies eine NATO- oder zumindest eine NATO-geführte Truppe. In Anbetracht der politischen Hindernisse wäre eine direkte US-Teilnahme an dieser Streitmacht äußerst wünschenswert – und vielleicht unentbehrlich -, um unsere Freunde und Alliierten zu überzeugen, die notwendigen Kapazitäten bereitzustellen.

Sobald der Waffenstillstand und die internationale Friedenstruppe wirksam sind, muß das Quartett den Rahmen erarbeiten, unter dem die spezifischen Bestandteile für eine umfassende Regelung verhandelt werden. Danach würden Israel, die palästinensische Autonomiebehörde und die jeweiligen Vertreter der arabischen Staaten (z.B. Jordanien, Saudiarabien, Ägypten, Libanon) dazustoßen und die detaillierten Verhandlungen vervollständigen.

Der Nutzen eines umfassenden Übereinkommens zum ursächlichen Grund für den augenblicklichen Aufruhr würde sich nicht nur auf Israelis und Palästinenser (und ihre Unterstützer in anderen Ländern) auswirken. Es würde den Einfluß Irans verringern - d.h. dem Land, das mit seiner augenblicklichen Ideologie die größte potenziell mögliche politische Gefahr für Saudiarabien, Irak, Ägypten und Jordan darstellt.

Eine umfassende Regelung würde es den arabischen Führern ermöglichen, sich auf das zu konzentrieren, was die meisten von ihnen als ihre vordringliche Aufgabe ansehen: Die Modernisierung ihrer Länder, um für die rasch anwachsenden Bevölkerungen Arbeitsplätze und ein produktives Leben bereitzustellen.

Durch die Beseitigung des Arguments, daß nichts gemacht werden kann, weil die Wählerschaft auf die "Not der Palästinenser" fixiert ist, würde es ermöglichen, kreative Energie, Talent und Geld umzuleiten zu Ausbildung, Gesundheit, Bauwirtschaft usw.. Dies würde den zusätzlichen Vorteil haben, daß die Bedingungen angesprochen werden, die viel zu viele junge Araber dazu verleiten, Terrorismus als ein legitimes Mittel zu glorifizieren, sich mit den Herausforderungen der modernen Welt auseinanderzusetzen.

Es ist sogar möglich, daß eine umfassende Regelung dazu beitragen könnte, den Irak zu stabilisieren. Ein gemäßigter Iran ohne die "Israelkarte" mag eher willens sein, einen Modus Vivendi mit den  Sunniten und den Kurden im Irak zu erreichen, und auch mit den USA. Alle Länder der Region -  abgesehen vom Irak selbst – benötigen einen stabilen, florierenden und friedlichen Irak. Der Weg, um dies zu erreichen, mag von Jerusalem ostwärts führen, friedlich gemeinsam begangen von Israelis und Palästinensern.

Dieser letzte in einer endlosen Serie von Großbränden in der Region bietet vielleicht eine einmalige Gelegenheit, die Situation im Mittleren Osten ein für alle Mal zum Besseren zu wenden. Laßt uns nicht zurückschrecken vor dieser Aufgabe.

Der Autor war der Nationale Sicherheitsberater der Präsidenten Gerald Ford und George H.W. Bush. Er ist jetzt der Präsident des Forum for International Policy.