Claus Schreer bei der Schlusskundgebung des Münchner Ostermarsches 15.4.2017 in München
am Max-Joseph-Platz

PEACEOstermarsch München 2017

Claus Schreer am Max-Joseph-Platz

Münchner Bündnis gegen Krieg und Rassismus, www.no-nukes-germany.de

Die nukleare Komplizenschaft Deutschlands mit den USA muss beendet werden.

Liebe Kriegsgegnerinnen und Kriegsgegner.

Ich bin politisch aktiv geworden, als Ende der 1950-er Jahre die Bewegung Kampf dem Atomtod entstand.
Vor ziemlich genau 60 Jahren, am 12. April 1957 alarmierten 18 Atomwissenschaftler mit ihrem berühmten Göttinger Manifest die Öffentlichkeit über die Gefahren eines Atomkrieges und warnten vor den Plänen der Adenauer-Regierung, die Bundeswehr mit Atomwaffen aufzurüsten.

Bereits 1955 hatten die USA – unter strengster Geheimhaltung – damit begonnen, atomare Kurzstrecken-Raketen in der Bundesrepublik zu stationieren. 1958 stimmte der Bundestag mit seiner CDU-CSU Mehrheit der atomaren Bewaffnung der Bundeswehr zu.
Daraufhin entstand Proteststurm und die Bewegung Kampf dem Atomtod mit Massenkundgebungen von insgesamt rund 1,5 Millionen Teilnehmern im Jahr 1958.
Eine geplante Volksbefragung gegen die atomare Aufrüstung der Bundewehr wurde schließlich von der Bundesregierung verboten.

1960 begannen die Ostermärsche der Atomwaffengegner und in den folgenden Jahren war der Kampf gegen die atomare Bewaffnung der Bundeswehr das zentrale Thema der Friedensbewegung.
Der Führungsstab der Bundeswehr forderte damals die Verfügungsgewalt über die in Deutschland stationierten Atomwaffen und eigene Atomwaffen für die Bundeswehr.

Diese abenteuerlichen Pläne konnten verhindert werden. Die Friedens und Antikriegsbewegung hatte einen nicht unwesentlichen Anteil daran.
Übrig geblieben sind die auf dem Bundeswehr-Luftwaffenstützpunkt in Büchel stationierten US-Atombomben.

Liebe Kriegsgegnerinnen und Kriegsgegner.

Es ist ein seit mehr als 40 Jahren andauernder Skandal: Obwohl sich alle Kernwaffenmächte im Atomwaffensperrvertrag feierlich zur nuklearen Abrüstung verpflichtet haben gibt es seit dieser Zeit keinerlei substanzielle Fortschritte.

Aber eine gute Nachricht gibt es: Am 27. März begann bei den Vereinten Nationen in New York die erste Verhandlungsrunde für ein weltweites Verbot und die Ächtung aller Atomwaffen. Eine Mehrheit von zweidrittel der UN-Mitgliedsstaaten hatte das in der UN-Generalversammlung am 23. Dezember so beschlossen.

Der Skandal: Deutschland stimmte mit den Atommächten USA und Russland, mit Frankreich, Großbritannien und Israel gegen diese Verhandlungen und befolgte damit eine Aufforderung der US-Regierung an alle NATO-Mitgliedsstaaten, mit „nein“ zu stimmen. In diesem Schreiben vom 17.10.2016 heißt es: Befürworter einer UN-Verbotsresolution könnten die USA daran hindern, die Bereitstellung und Stationierung von Atomwaffen auf ihrem Hoheitsgebiet nicht mehr zu dulden.

Diese Heuchelei der Bundesregierung, die mit Lippenbekenntnissen eine Welt ohne Atomwaffen befürwortet aber Verhandlungen zur Abschaffung der Nuklearwaffen ablehnt ist kaum noch zu überbieten.

Gleichzeitig – und das ist der 2. Skandal – zeigt die Bundesregierung keinerlei Bereitschaft die sog. nukleare Teilhabe Deutschlands an der Nuklearstrategie der USA zu beenden.

Mit einer 20 Wochen andauernden Aktionspräsenz, die vor drei Wochen begonnen hat und bis zum 6. August aufrecht erhalten wird, protestiert die Friedensbewegung auch in diesem Jahr wieder gegen die auf dem Bundeswehr-Luftwaffenstützpunkt in Büchel stationierten US-Atomwaffen.
Wie Ihr wisst trainiert dort die Bundewehr regelmäßig den Einsatz dieser Atombomben.

Am 26. März war die Auftaktveranstaltung. Mit einer kleinen Delegation aus München waren wir bei der Kundgebung vor dem Haupttor des Fliegerhorstes. Das Szenario: Zwei Meter hohe Absperrgitter und dahinter ein Dutzend Bundeswehrsoldaten als Bewacher des Atomwaffenstandortes.
Am Ende der Kundgebung haben wir die Soldaten mit einem Regen von 2000 Flugzetteln eingedeckt. Darauf stand: Wenn sie Euch morgen befehlen, den Abwurf der Atombomben zu trainieren – dann Sagt Nein – und verweigert den Befehl.

Zur Erinnerung: 2010 gab es einen - mit überwältigender Mehrheit aller Parteien - gefassten Beschluss des Bundestages, dass die US-Atomwaffen aus Deutschland abgezogen werden sollen. Geschehen ist seither nichts. Statt des Abzugs geschieht jetzt genau das Gegenteil. Die Atomwaffen werden durch eine völlig neue Version – die B61-12 – ersetzt. Die Neue Bombe ist eine zielgenaue, bunkerbrechende, elektronisch gesteuerte Lenkwaffe mit variabler Sprengkraft und vergrößerter Reichweite.
Der Zweck dieser vorwärts stationierten, mit neuen Fähigkeiten aufgerüsteten Bomben ist es, den Einsatz von Atomwaffen unterhalb der Schwelle eines großen Nuklearkrieges zu ermöglichen.

Die Bundesregierung erzählt uns seit 2010 das Märchen, dass für den Abzug der Atomwaffen in Büchel die NATO zuständig sei. Eine billige Ausrede ist das, mit der sich die Bundesregierung aus der Verantwortung stiehlt.

Die Wahrheit ist:

  • Ob Massenvernichtungswaffen in Deutschland stationiert werden,
  • ob sich die Bundeswehr im Ernstfall an Atombombenangriffen beteiligt und dafür Trainingsflüge absolviert,

das hat weder die US-Regierung noch die NATO zu entscheiden.
Dazu kann Deutschland auch nicht verpflichtet werden.
Die Entscheidungsbefugnis darüber liegt ausschließlich Hand der Bundesregierung.

Die Bundesregierung kann die „nukleare Teilhabe“ Deutschlands sofort aufkündigen und beenden. Dafür braucht sie weder die Genehmigung der USA, noch die Zustimmung der anderen NATO-Staaten.

Und genau das verlangen wir. Mit wohlfeilen Lippenbekenntnissen für eine Welt ohne Atomwaffen lassen wir uns nicht abspeisen.

Deshalb haben wir im letzten Jahr die Petition an den Bundestag und die Bundesregierung gestartet, die Ihr hier unterzeichnen könnt. Diese Kampagne läuft bis nach der Bundestagswahl. Die Unterschriften sollen dann dem neu gewählten Bundestag und der neuen Bundesregierung übergeben werden.

Die in Büchel stationierten Atomwaffen sind Bestandteil der Atomwaffeneinsatz-Strategie der USA. Daran dürfen wir uns nicht beteiligen.
Die nukleare Komplizenschaft Deutschlands mit den USA darf nicht länger fortgesetzt werden. Die nukleare Teilhabe muss beendet werden – sofort! Und das heißt:

  • Die Bundesregierung muss die Bereitstellung der Tornado-Flugzeuge für den Einsatz der Atomwaffen beenden
  • Sie muss die Ausbildung und die Übungsflüge der Bundeswehr für den Einsatz der Atomwaffen einstellen
  • und sie muss das Stationierungsabkommen für die Lagerung der US-Atomwaffen in Deutschland kündigen.

Unsere Bitte an Sie alle: Unterzeichnen Sie die Petition!
Aber bei Unterschriften darf es nicht bleiben.
Wir müssen wesentlich mehr Druck ausüben. Wir müssen lauter und vielleicht auch ein bisschen radikaler werden.