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Rede Ostermarsch 2022 München, Katja Ladinskaya, Ukrainisch-Russische FriedensbewegungDownload PDF

Hallo! Mein Name ist Katja Ladynskaya, ich bin eine russische Oppositionelle und Gründerin der Russisch-Ukrainischen-Friedensbewegung. Unsere Bewegung besteht aus oppositionellen Russinnen und Ukrainerinnen, die vor einem Monat ihr Zuhause verlassen mussten und nach Deutschland geflohen sind. Und heute spreche ich hier im Namen uns aller.

Wir fordern:

  • Einen sofortigen Abzug der russischen Truppen aus dem souveränen Staat Ukraine
  • Eine Erschaffung der sicheren Fluchtkanäle aus der Ukraine in den Westen, auch für Männer, die nicht kämpfen wollen oder können
  • Eine Unterstützung von Deserteur:innen und politischen Geflüchteten aus Russland und Belarus
  • Und – und das brennt! Ein Gas- und Ölembargo.

Die Friedenstaube soll auch mal piksen können, wenn‘s nicht anders geht!

Alleine die Satellitenbilder- und Videoaufnahmen aus Butscha und Kramatorsk reichen als Grund um als Europa klar Stellung zu beziehen. Darauf sind nämlich die Kriegsverbrechen der russischen Armee dokumentiert.

EU hat seit dem Beginn des Krieges 35 Milliarden Euro an das putinsche Regime überwiesen, vor allem für Gas und Öl, und 1 (!) Milliarde an die Ukraine. Das ist absurd. Der Krieg wird gerade aus unseren Steuern mitfinanziert, das will ich nicht!

Gazprom ist bekannt für Korruption, undichte Pipelines und Bohrungen nach Öl und Gas in der Arktis. An Gazprom verdienen vor allem die russischen Oligarchen, die die Menschen in Russland seit 90er Jahren morden und ausbeuten.

Ich bin in 90er Jahren dort aufgewachsen, wo vor unserer Schule im Zentrum von St. Petersburg ein politischer Mord passierte, wir hörten die Schüsse im Unterricht. Gazprom, das sind Menschen, die an Morden an den Oppositionellen beteiligt sind. Das sind Menschen, die mitgeholfen haben, das linke Radio „Echo Moskvi“ in Russland kurz nach dem Kriegsbeginn zu schließen. Das sind Menschen, die als Banditen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion „schlau“ genug waren eine Ausbeutungs- und Mordmaschine zu starten.

Kurzum, sind das Menschen, die sowohl den Krieg in der Ukraine finanzieren, als auch alles dafür tun, um die Opposition in Russland zum Schweigen zu bringen. Damit sind sie die ultimativen Putinunterstützer.

Ich möchte auf eine Gas- und Ölembargo-Studie zweier Ökonomen Sergej Guriev, der in Paris doziert, und Oleg Itskhoki, von University of California, hinweisen. Die Ergebnisse fallen wie folgt aus: Das Embargo von Gas und Öl in Deutschland wird nicht zu Heizungsschwierigkeiten führen.

Gas- und Ölembargo ist zudem laut der Studie der schnellste Weg den Krieg in der Ukraine zu beenden. Die Kosten des Gas- und Ölembargos werden für Deutschland auf 0,5 bis 3% des Bruttoinlandsprodukts geschätzt, also unter den wirtschaftlichen Kosten der Coronakrise. Die letzte Schlussfolgerung dieser Studie ist, dass sich das Embargo sogar rein wirtschaftlich für Europa lohnt, da der weiterlaufende Krieg für Europa mehr Kosten verursachen würde. Na dann. Wenn vielen die moralische Seite nicht reicht, hier sagen zwei anerkannte Wissenschaftler – es lohnt sich sogar wirtschaftlich.

Und ich bitte euch, dass wir keine Zeit mehr drauf verlieren uns gegenseitig für unsere Positionen zu bekämpfen. Dafür haben wir keine Zeit, während Menschen sterben. Selbst wir, als kleine Bewegung, haben Meinungsverschiedenheiten und das ist vollkommen normal, dass dort, wo mehr als ein Mensch ist, sich die politischen Positionen unterscheiden werden. Wir sollen uns auf einen gemeinsamen Nenner bringen und anfangen tätig zu sein.

Wer die Waffenlieferungen nicht unterstützt, kann‘s mit Gas- und Ölembargo tun.
Wer das Gas- und Ölembargo nicht unterstützt, könnte an humanitäre Hilfe spenden oder zumindest für das Tempolimit plädieren, an den Straßenschildern soll‘s nicht scheitern, ganz ehrlich!

Und wir müssen über den Krieg in der Ukraine und MIT den Ukrainer:innen reden!
Es kann keine Normalität herrschen, während Menschen sterben.

Und es ist mir bewusst, dass auf der Welt noch weitere Kriege geführt werden und weitere Menschen sterben, das ist furchtbar!, und dem sollen wir mit der sofortigen Anwendung des Paragraphs 24 des Aufenthaltsgesetzes auf alle Geflüchtete entgegenwirken.

Wir sollen über alle Kriege reden, ja, aber wir sollen die Kriege nicht miteinander vergleichen. Denn damit entziehen wir die Verantwortlichen ihrer Schuld. Wir relativieren alles und es bleibt als Fazit - die Menschheit ist grundböse. Und wenn die ganze Menschheit schuldig ist, gibt es keine besonders Schuldigen. Das stimmt nicht. Die gibt es sehr wohl, das ist die aktive faschistische Regierung des jeweiligen Landes, die diese Regierung unterstützenden Streitkräfte und Milizen, und der unterstützende Teil der Bevölkerung dieser Aggressorländer.

Die das Regime stützende Kultur schafft zusätzlich heroisierende Narrative, die das alles rechtfertigen. Und dieser heroische Siegermythos wird jetzt zum Fundament des neu-russischen-fascho-Imperialismus.

Und, meiner Meinung nach, ist jedes Volk dafür verantwortlich seine eigenen Mörder aus der Welt zu schaffen. Deswegen stehe ich hier und spreche mich aus gegen die Regierung des Landes, dessen Passträgerin ich noch bin und gegen die Oligarchen-Firma Gazprom, die meine Mitmenschen ausbeutet und unterdrückt und Putins Kriege finanziert.

Nie wieder Krieg haben wir gesagt. Aber der Krieg ist immer noch da.

Und deshalb appelliere ich an die deutsche Regierung. Wir wollen Taten sehen.
Wir wollen keine Worte oder Versprechungen, sondern Taten und Fristen.

Solidarisch zu sein reicht nicht mehr, lasst uns handeln!