Rede von Mark Ellmann, Grußwort der GEW Bayern zur Kundgebung
am Antikriegstag, 1. September 2021 in München

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Friedensfreundinnen, liebe Friedensfreunde,

am Anti-Kriegs-Tag machen wir uns bewusst, dass ein Leben in Frieden ein anzustrebendes Ziel ist, aber für viele Menschen keine Realität ist –, dass Kriege und Besatzung heute nicht weniger werden.
Am heutigen Antikriegstag erinnern wir zusammen mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund und vielen Friedensorganisationen an die Opfer von Krieg und Faschismus. Besonders heute protestieren wir deswegen auch gegen die zunehmende Militarisierung in Deutschland und Europa (s. heutige Pressemitteilung GEW Hauptvorstand).

Krieg und Besatzung sind kein „Adventure“ wie es die Bundeswehr mit ihrer Werbestrategie im Internet und in personalisierter Postsendung an 17-jährige behauptet. Der Einsatz im Krieg bedeutet Mittel (also Werkzeug) zu sein für eine aggressive Form der Politik.
Das Leben unter den Bedingungen von Krieg und Besatzung ist mit Verhaftungen, Verletzungen und Tod verbunden. Das Recht auf Arbeit oder gar Bildung, die Schutzrechte der UN-Kinderrechtskonvention, sind unter diesen Bedingungen nicht umsetzbar.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir stehen heute am 1. September hier zusammen, weil wir den historischen Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen 1939 zum Anlass nehmen, dass dieses Datums „in würdiger Form als eines Tages des Bekenntnisses für den Frieden und gegen den Krieg gedacht wird,“ wie das der DGB Bundeskongress bereits 1966 beschlossen hatte.
Das ist die Verantwortung, der wir heute gerecht werden wollen – anstatt der „deutschen Verantwortung in aller Welt“, von der so viele Außenpolitiker:innen sprechen. Diesem Anspruch versuchen wir als Bildungsgewerkschaft gerecht zu werden,

… indem wir uns zusammen mit Terre des hommes gegen die Rekrutierung von Minderjährigen in die deutsche Armee einsetzen, so wie es die Vereinten Nationen auch fordern
… indem wir nicht müde werden, die Forderung nach Friedensbildung in den Bildungsplänen, Curricula sowie in der Aus- und Fortbildung von Pädagoginnen und Pädagogen zu stellen
… indem wir den Kampf an den Hochschulen um eine Zivilklausel unterstützt und vorangetrieben haben, in dem wir versuchen die Idee einer dem Frieden verpflichteten Erziehung, Lehre aber auch Forschung aufrechtzuerhalten
… indem wir uns im Dialog für die Lösung von langjährigen Konflikten einsetzen, wie z.B. im Nahost-Komitee der Bildungsinternationale oder in Zusammenarbeit mit der palästinensischen Lehrergewerkschaft und dem israelischen Gewerkschaftsbund
… indem wir uns mit eigenen Projekten wie dem Aufbau der Mädchen-Berufsschule im vom IS zerstörten kurdischen Kobane praktisch engagieren, nachdem der IS dort über zwanzig Schulen zerstört hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

obwohl Wahljahr ist, wird wenig darüber gesprochen, was die Parteien jeweils zur Konflikt- und Friedenspolitik beizutragen haben. Eben weil Wahljahr ist, sollten wir uns aber ansehen, was wir bisher leisten: Deutschland gehört zu den Staaten mit den höchsten Militärausgaben. Unter den Top-Ten-Staaten weist der deutsche Verteidigungshaushalt mit einem Plus von über fünf Prozent die größte Zuwachsrate auf. Für das laufende Jahr liegt der Etat bei knapp 47 Milliarden Euro.

Unsere neue Bundesvorsitzende Meike Finnern hat dazu eine klare Haltung: „Es ist höchste Zeit, das Ruder herumzureißen“. Denn um die NATO-Zielvorgabe von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erreichen, müsste der Wehretat noch einmal um mehr als 20 Milliarden Euro steigen. Die GEW fordert, sich davon zu lösen und diese Mittel für die dringend benötigten Zukunftsinvestitionen im Bildungssystem einzusetzen.“ ( Pressemitteilung GEW Hauptvorstand, 1. 09.2021).

Zusammen mit den anderen Gewerkschaften fordern wir als GEW, dass die nächste Bundesregierung die deutsche Verweigerungshaltung aufgibt und endlich den UN-Vertrag über das Verbot von Atomwaffen unterzeichnet!
Besonders diese Forderung ist heute aktueller denn je. Im Gewerkschaftsaufruf zum Antikriegstag stellen wir zurecht fest: „Mit der neuen ‚NATO 2030‘-Strategie soll der Weg (…) hin zu einer Interventionsallianz für Militäreinsätze außerhalb des Bündnisgebiets bereitet werden“ und „Durch eine Stärkung der nuklearen Abschreckung und durch Pläne für eine stärkere militärische Präsenz im indopazifischen Raum setzt die NATO gezielt auf Konfrontation gegenüber Russland und China“.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

in wenigen Wochen finden die Wahlen zum Deutschen Bundestag statt. Es ist dies der Ort, an dem über Militärausgaben und den Einsatz deutscher Soldaten abgestimmt wird. Ich möchte nochmal Maike Finnern zitieren: „Die erschreckende Entwicklung in Afghanistan hat erneut deutlich gemacht, dass Krieg kein Mittel der Konfliktlösung ist. (…) Abrüsten statt Aufrüsten ist das Gebot der Stunde. Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie sich dafür mit aller Entschlossenheit einsetzt und nachhaltig in die Zukunft investiert“

Deswegen engagieren wir uns auch im bundesweiten Bündnis „Abrüsten statt Aufrüsten“.
Wer diesen Forderungen Nachdruck verleihen will, dem oder der möchte ich hier noch zwei Aktionen dieses Wochenende nahelegen:

  • Am Samstag auf der #unteilbar-Demo ist: Dort wird es einen Friedensblock von „Abrüsten statt Aufrüsten“ geben.
  • Und am Sonntag wird am Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz eine Menschenkette für den Atomwaffenverbotsvertrag durchgeführt. Die DFG-VK organisiert am Samstag dorthin einen Bus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

lasst uns als Gewerkschafter:innen und Friedensfreund:innen nicht nur heute oder bei den Aktionen am Wochenende, sondern jeden Tag Botschafterinnen und Botschafter sein für das Gebot der Stunde: Abrüsten statt Aufrüsten!
Für eine Politik des Friedens!