Städtisches Grußwort von Brigitte Wolf (Die Linke) bei der Schlusskundgebung des Münchner Ostermarsches 20. April 2019 in München auf dem Marienplatz
Ostermarsch München 2019Manuskript als PDF
Liebe Münchnerinnen, liebe Münchner, liebe Friedensaktivisten,
ich freue mich, Ihnen und Euch auch heute in Vertretung des Oberbürgermeisters die Grüße der Stadt überbringen zu dürfen.
Angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen in der Welt – der allgegenwärtigen Verschärfung der Konflikte, der Kündigung des INF-Vertrages, der Militarisierung internationaler Politik – ist es umso wichtiger, dass sich Viele für Frieden und Abrüstung einsetzen, auf vielen verschiedenen Ebenen.
Als Mitglied der ‚Bürgermeister für den Frieden‘ meldet sich auch Oberbürgermeister Reiter immer öfter zu Wort: Sei es mit einer Erklärung zur Erinnerung an die Bombenangriffe auf München vor 75 Jahren und dem Leid der Insassen des KZ Dachau, die zur Bombensuche gezwungen wurden, sei es mit Kritik an der Kündigung des INF-Vertrages und der Rückkehr auch der atomaren Aufrüstung, oder auch zur Unterstützung der ICAN-Kampagne zum UN-Vertrag über das Verbot von Atomwaffen. Immer geht es darum, dass der Frieden bewahrt und Kooperation und Solidarität gestärkt werden – damit sich die Schrecken unserer Vergangenheit nicht wiederholen.
Liebe Freunde,
fast alle Staaten der Welt haben die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, unterschrieben – der Kampf gegen Hunger und Armut, für Gesundheit und Bildung, gegen Diskriminierung und Ausgrenzung, für die globale Gültigkeit der Menschenrechte. Viele in Gesellschaft und Politik unterstützen diese Ziele mit Worten, allein die Taten sprechen allzu oft eine andere Sprache.
Der einstimmige Beschluss der NATO-Staaten, ihre Rüstungsausgaben auf zwei Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen, ist entlarvend. Denn die globalen Probleme der Welt – Hunger, Armut, Krankheiten, Klimawandel, Umweltzerstörung – lassen sich nicht mit Waffen und Militär bekämpfen. Ganz im Gegenteil: Sie sind nichts als eine gigantische Verschwendung von Menschenleben und Ressourcen.
Zwei Prozent – diese schlichte Zahl hat es verdient, zum Unwort des kommenden Jahrzehnts zu werden. Denn:
Die Rüstungshaushalte von heute sind die Kriege von Morgen.
Liebe Münchnerinnen, liebe Münchner,
Wir stellen entsetzt fest, dass im internationalen Zusammenleben der Staaten die mühevolle Suche nach Verständigung schwächer wird und das Herumfuchteln mit Drohungen stärker. Diese Drohungen passieren auf einer nach oben offenen Skala des Schreckens:
- die atomare Aufrüstung droht mit der Vernichtung von Zivilisation und Lebensgrundlagen
- die ferngesteuerten Waffen töten die Opfer und entmenschlichen Täterinnen und Täter, die zu heimtückischen Mördern werden
- Der Cyberkrieg gegen die lebenserhaltenden Einrichtungen der zivilen Infrastruktur machen den gezielten Angriff auf die zivile Bevölkerung zum Programm – Kriegsverbrechen durch Programmierer
Wer Krieg führen will, heißt es, braucht drei Sachen: Geld, Geld und Geld.
- Die Modernisierung der Atomwaffen kostet
- Die Entwicklung der ferngesteuerten Waffen kostet
- Die Entwicklung des Cyberkriegs kostet
Die Erhöhung der Militäretats auf zwei Prozent sind ein politisches Statement: Die Politik verlangt von der Zivilgesellschaft die Finanzierung einer militarisierten Politik, die das Kriegsrisiko steigert.
Die Forderung nach Erhöhung der Rüstungsetats kommt aus den Reihen der Mächtigen dieser Welt. Sind wir, ist die Zivilgesellschaft, ist die Friedensbewegung ohnmächtig angesichts dieser vermeintlichen Übermacht? Ich sage Nein!
Stellungnahmen aus den Städten rund um den Erdball belegen das moralische Gewicht der Friedenspolitik in der zivilen Gesellschaft. Mag sein, dass weder Moral noch Vernunft die Mächtigen dieser Welt aufhalten. Aber: Es gibt in der Demokratie ein Gegenmittel:
Der Rüstungshaushalt von heute ist der Krieg oder eben der NICHT-Krieg von Morgen!
Kämpfen und arbeiten wir gemeinsam für eine starke öffentliche Kampagne, die am Ende so stark sein muss, dass sie zu parlamentarischen Mehrheiten führt. Denn: Wirksame Abrüstung ist nicht eine Folge von Völkerverständigung, sondern deren Voraussetzung. Das ist unser Ziel, das ist unsere gemeinsame Aufgabe.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.