Manuskript als PDFzur Ostermarschseite 2019
Dr. Torsten Kellermann bei der Schlusskundgebung des Münchner Ostermarsches 20.4.2019 in München
auf dem Marienplatz
Liebe Münchnerinnen und Münchner
Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dem diesjährigen Ostermarsch,
es ist mir eine große Ehre hier sprechen zu dürfen. An sich kann ich mich schon immer an die Ostermärsche erinnern und an vielen habe ich mit meiner Familie Teil genommen.
Und leider hat diese Tradition nicht an Bedeutung verloren. Die Welt ist nicht friedlicher geworden nur die Art der Konflikte hat sich verändert und verändert sich immer weiter.
Ich freue mich sehr, dass ich als Vertreter des BUND Naturschutzes eingeladen bin. Es wird oft vergessen, dass ein bewaffneter Konfliktimmer auch ein Krieg gegen die Umwelt, gegen die Natur ist und somit auch wieder gegen die Menschen, die in einer schwer geschädigten oder gar zerstörten Umwelt überleben und eine neue Existenz aufbauen müssen.
Elsas
Vor zwei Jahren war ich im Elsas, einem der schlimmsten Schauplätze des 1. Weltkriegs. Wandert man durch die bewaldeten Hügel in der Nähe von Colmar findet man heute noch, alle paar Meter, Überreste von Schützengräben und Bunkern. Die Wälder waren am Ende des Krieges vollständig entlaubt. Das vollständige Ausmaß, das der Krieg dort hinterlassen hat, erkennt man erst, wenn man auf Schautafeln die Landschaft in ihrer ursprünglichen Form sieht. Die Narben, des Krieges werden auch in hundert Jahren noch zu sehen sein.
Zum Glück findet man im Elsas keine Überreste von chemischen Kampfstoffen, wie es heute an viele Schauplätzen des Krieges zur Normalität geworden ist.
Vietnam
Wem ist hier „Agent Orange“ noch ein Begriff?
Agent Orange wurde im Vietnamkrieg als Entlaubungsmittel eingesetzt, damit sich die Soldaten des Vietkongs nicht beliebig im Dschungel verstecken konnten.
Die Folgen des Einsatzes spürt die Bevölkerung des Landes bis heute.
Missbildungen bei Kindern, schwere geistige Schäden und eine deutlich erhöhte Krebsrate.
Als Folge des Einsatzes von Agent Orange wurde der „Krieg gegen die Umwelt“ als illegale Methode der Kriegsführung in die „Genfer Konvention“ aufgenommen und verboten.
Wie zu erwarten finden Kriegsparteien immer eine Begründung, diese Regel zu umgehen.
Uranmunition
Wir rühmen uns zwar gerne damit, dass die Gründung der europäischen Union seit 70 Jahren für Frieden in Europa gesorgt hat und vergessen dabei immer gerne den Balkankrieg, als würde der Balkan nicht zu Europa gehören.
Wir reden auch nicht gerne darüber, dass auf dem Balkan, ebenso wie im Irak und in Syrien, die US Armee und ihre Verbündeten Uranmunition als panzerbrechende Waffen eingesetzt haben. In diesem Fall geht es nicht in erster Linie um die radioaktiven Eigenschaften des Urans, sondern um die hohe chemische Giftigkeit des Schwermetalls. Beim Aufprall eines Geschosses auf einen Panzer entstehen größere Mengen feiner Staub, der sich erst in der Luft und anschließend auf den Böden verteilt.
Kampfgebiete in Bosnien wurden von Soldaten über Woche gar nicht betreten oder nur mit Atemschutz. Diejenigen, die davon nichts wussten, leiden an schweren Lungenschäden oder sind an den Folgen der Vergiftung gestorben.
Heute werden diese Flächen wieder landwirtschaftlich genutzt. Uran findet sich in Pflanzen, Tieren und im Trinkwasser. Die Bevölkerung wird weiter mit Uran kontaminiert.
Diese Waffen werden immer wieder eingesetzt und verseuchen die Umwelt und damit die Lebensgrundlage vieler Menschen, die unter dem Krieg bereit genug gelitten haben.
Liebe Teilnehmer*innen liebe Aktivisti*nnen es braucht dringend ein Verbot von Uranhaltiger Munition.
Chemische Waffen
Der mittlere Osten war die letzten Jahre Schauplatz enormer militärischer Auseinandersetzungen. Wie so oft bekommen wir nur mit, was wir sehen sollen. Es wird uns ein sauberer Krieg verkauft.
Wie ich bereits gesagt habe, ist ein Krieg gegen die Umwelt in der Genfer Konvention untersagt. Nur was ist, wenn im Irak chemische Anlagen bombardiert werden, weil sie in Verdacht stehen, Produktionsorte für chemische Waffen zu sein?
Die Führer des sogenannten sauberen Krieges sind nicht in der Lage solche Anlagen gezielt vom Boden aus still zu legen.
Nein, Anlagen im Irak und in Syrien wurden aus der Luft der angegriffen.
„Gut“, kann man sagen, Waffen, die nicht produziert werden, können auch niemanden schaden. Durch die Luftangriffe wurde große Mengen extremst toxischer Verbindungen in die Atmosphäre geschleudert und kamen wenige später als chemischer FallOut wieder runter. Als Folge sind zahlreiche Quadratkilometer landwirtschaftlicher Fläche, die von der Bevölkerung genutzt werden müssen, massiv verseucht.
Es trifft wieder den Teil der Bevölkerung, der sich am wenigsten wehren kann. Bäuerliche Familien, die auf diesen Böden arbeiten müssen und den Stoffen täglich ausgesetzt sind und deren Kinder, die chemischen Stoffe in ihren Körper aufnehmen und unter schweren gesundheitlichen Schäden leiden.
Ich fordere hier ganz klar die Ächtung chemischer Waffen noch konsequenter umzusetzen. Und, wenn entsprechende Anlagen entdeckt werden, diese nicht durch Luftangriffe außer Kraft zu setzen.
Donbass
Die Liste der Grausamkeiten, die Kriege an der Umwelt anrichten, ist hier bei weiten nicht zu Ende. Eine sehr aktuelle Katastrophe nimmt der Zeit ihr volles Ausmaß im Donbass an. Diese Region zwischen der Ukraine und Russland in der seit 5 Jahre ein schrecklicher Bürgerkrieg herrscht.
Man muss dazu wissen, dass der Donbass die Kohlequelle der Ukraine ist. Durch die Folgen des Krieges werden die Bergwerke nicht mehr in Stand gehalten. Vor allem wird das Grundwasser nicht aus den Schächten gepumpt, der Wasserspiegel steigt immer weiter an, durchspült die Stollen und dringt in Trinkwasserspeicher und Felder vor.
Während das Wasser aufsteigt werden eine große Anzahl giftiger chemischer Verbindungen und Schwermetalle aus dem Bergwerk an die Oberfläche gespült. Sowohl das Trinkwasser als auch die landwirtschaftlichen Flächen werden über Jahrzehnte nicht mehr verwendbar sein.
Zum Glück bemühen sich zurzeit zahlreiche Umweltorganisation und auch einige Institutionen der EU darum die volle Katastrophe zu verhindern. Allerdings wurde von offizieller Seite zu spät reagiert.
Als weitere Folge dieser Entwicklung fehlt der Ukraine die nötige Kohle, um Strom zu erzeugen. Die Regierung in Kiew hat damit reagiert, seit Jahren alle AKWs im Land auf 120% Last fahren zu lassen. Diese AKWs sind meines Wissens von derselben Bauweise wie Tschernobyl. Die nächste mögliche Katastrophe zeichnet sich auch hier schon ab.
Liebe Teilnehmer*innen liebe Aktivisti*nnen, die Genfer Konvention zum Verbot des Krieges gegen die Umwelt muss dringend eingefordert und eingehalten werden. Es darf auch keine weitern Ausflüchte geben. Die Folgen der Missachtung dieses Verbots sind wie bereits beschrieben verehrend.
Krieg als Folge von Umwelt und Klimaschäden
Bisher habe ich über Umweltzerstörung als Folge eines Krieges geredet.
Aber wie schaut es umgekehrt aus?
Wie schaut es mit Kriegen als Folgen von Umwelt und Klimazerstörung aus?
Politik der EU
Da schaut es mit der friedlichen Europäischen Union noch deutlich schlechter aus. Wie gesagt, es ist schön, dass wir im Kern der EU seit 70 Jahren zufrieden und gesättigt leben.
Nur zu welchem Preis? Wer bezahlt für unseren Wohlstand?
Die EU geht vor allem mit unseren Afrikanischen Nachbarn äußerst Rücksichtlos um, wenn es um unsren Wohlstand geht. Es gibt zahlreiche bilaterale Handelsabkommen, die ökologische und soziale, Standards oder gar Menschenrechte in den sog. Partnerländern unmöglich macht.
Dort, wo Umweltaktivist*innen gegen europäische Konzerne vorgehen, um der Ausbeutung der Umwelt entgegen zu treten, wird mit massiver Gewalt gegen diese Menschen vorgegangen und nicht wenige haben ihr Engagement mir ihrem Leben bezahlt.
Vor einigen Jahren habe mich durchaus gefragt, warum immer mehr Menschen aus Westafrika durch die Sahara nach Europa flüchten.
Diese Region Afrikas schien mir nicht so arm wie weite Gebiete des Ostens des Kontinents.
Aber was bitte soll ein stolzer Fischer tun, wenn gigantische Fischfangflotten aus Europa es geschafft haben den Atlantik vor Westafrika leer zu fischen. Dieser Fischer denkt sich doch zu Recht, wenn ihr mir mein Essen klaut, dann komme ich zu euch und hole es mir wieder.
Am 26. Mai sind die Wahlen zum europäischen Parlament. Überlegt euch sehr gut ob ihr Parteien wählt die globale Ausbeutung als ihr gutes Recht ansehen oder ob ihr nicht besser eine Partei wählt, die sich für globale Gerechtigkeit einsetzt.
Klimaflüchtlinge
Jetzt kommen wir noch zu einem richtig heftigen Thema. Die Politiker*innen der EU sind schon jetzt mit den Flüchtlingszahlen überfordert.
Und die Probleme fangen erst an.
Die Wirtschaftspolitik der westlichen Staaten treibt die die größte Gefahr unserer Zeit immer weiter voran, den Klimawandel.
Die Auswirkungen werden wie immer zuerst die Ärmsten treffen, die Menschen in Regionen dieser Welt, die jetzt schon hungern und zu wenig Wasser haben. Der Klimawandel wir die Lebensbedingungen in diesen Regionen noch deutlich verschlimmern.
Liebe Teilnehmer*innen liebe Aktivisti*nnen der von uns verursachte Klimawandel ist ein Krieg gegen drei Viertel der Menschheit, ein brutaler und rücksichtloser Krieg, den wir endlich beenden müssen.
Wenn diese Menschen noch rechtzeitig bemerken wie ihnen geschieht, machen sie sich auf den Weg nach Europa oder in andere Industriestaaten.
Weil das alles noch nicht schlimm genug ist, haben wir eines der perversesten Konzepte unserer Zeit geschaffen. Nestle und andere Lebensmittelunternehmen verkaufen den Menschen in den ärmsten Regionen dieser Welt ihr eigenes Wasser. Wir haben zugelassen, dass Wasser zu einer Ware wurde.
Sauberes Wasser ist keine Ware, sondern ein Menschenrecht.
Aber wie wir wissen, hat die EU bereits die Lösung für diese Problem.
Wir solidarisieren uns mit Trump und ziehen die Mauer zur mexikanischen Grenze am besten gleich über Atlantik durch bis zur europäischen Ostgrenze.
Ja liebe Teilnehmer*innen liebe Aktivisti*nnen diese Politik der EU kennt keine Moral, wenn es um Wachstum um Gewinne kennt. Der Klimawandel wird solange ignoriert bis die Küsten Europas überschwemmt und der Rest zu einer Wüste geworden ist.
Hauptsache uns geht’s gut!
Ich möchte ja nicht wissen, wie unsere Nachbarn mit uns umgehen, wenn wir eines Tages vor dem Klimawandel aus Europa flüchten müssen. Stellt sich nur die Frage, ob es dann noch einen Ort gibt, zu dem man Flüchten kann.
Es muss uns hier klar sein, dass unser Lebensstil unser ständiges Streben nach Wachstum und mehr Konsum nur durch einen Krieg gegen die Umwelt und das Klima möglich ist.
Aber es ist auch ein Krieg gegen uns selbst.
Und es ist verdammt nochmal unsere Pflicht für Frieden auf diesem Planeten zu sorgen.
Wir können in Deutschland und Europa, hier und heute, einen ersten Schritt machen.
Ich weiß, dass es am Anfang weh tun wird und es wird uns nicht leichtfallen, aber es geht um uns alle und um unseren Planeten.
Fridays For Future hat mit ihren Forderungen die ersten nötigen Schritte auf den Tisch gelegt.
- Nettonull CO2 Ausstoß bis 2035 erreichen
- Kohleausstieg bis 2030
- 100% erneuerbare Energieversorgung bis 2035
- Das Ende der Subventionen für fossile Energieträger
- 1/4 der Kohlekraft sofort abschalten
- Eine Steuer auf alle Treibhausgasemissionen in Höhe von 180€ pro Tonne CO2
Darum Frau Merkel, Herr Söder, Frau Nahles, Frau Kramp Karenbauer, zeigen sie, dass Deutschland mit gutem Vorbild voran geht,
kommen sie aus ihren Osterurlaub zurück und beschließen sie die Forderungen von Fridays For Future noch heute und beenden sie diesen Krieg gegen die Menschheit und unsren Planeten.
Wenn sie Probleme beim Ausformulieren der Gesetze haben, der Bund Naturschutz steht ihnen gerne hilfreich zur Seite.
Danke München.
#Ostermarsch #FriedensbuendnisMUC