Ansprache bei der Trauerfeier für Gerta Stählin in Dachau
Inge Ammon für das Münchner Friedensbündnis

Liebe Familie von Gerta, liebe Familie Gashi und liebe Friedensfreunde,

Im Namen und Auftrag des Münchner Friedensbündnisses darf ich hier zur Abschiedsstunde von Gerta sagen, was sie uns bedeutet hat. Jede und jeder von uns hat sie in den langen Jahren der Zusammenarbeit schätzen gelernt.
Sie war einfach präsent - authentisch, kreativ, empathisch und unermüdlich in der für sie weit verzweigten Friedensarbeit.
Im Münchner Friedensbündnis war Gerta federführend bei der Organisation von Demonstrationen, Kundgebungen, Mahnwachen und Veranstaltungen.
Eine beispiellose Ausdauer zeigte sie bei der von ihr organisierten und verantworteten fast 8 jährigen Mahnwache auf dem Marienplatz gegen den Bundeswehreinsatz in Afghanistan. Motto:"Krieg ist Terror". Eigenständig machte sie die Transparente und die Handzettel für die Passanten. Was für ein starker Wille !!!

Ich habe die hoch gewachsene, schlanke Dame mit dem weißen Haar erstmalig 1984 bei der Seniorensitzblockade in Mutlangen kennen gelernt. Mutlangen wurde zum Symbol des Widerstandes gegen die Stationierung von Atomwaffen in unserem Land.
Das war wohl auch der Start, dass wir miteinander Zivilen Ungehorsam lernten. Auf die organisierten Sitzdemonstrationen reagierte der Staat mit Festnahmen und Verurteilungen wegen Nötigung mit verwerflicher Gewalt (§240 STGB) 1000e wurden damit kriminalisiert. Ein juristisches Ärgernis, ein Skandal im Hinblick auf einsatzbereite Massenmordwaffen !

1985 war Gerta sofort dabei, als sich die Gruppe "Öffentliche Aufforderung zum gewaltfreien Widerstand gegen Rüstung und Krieg" bildete. Wir Teilnehmer*innen dieser Gruppe machten uns mit Aufrufen zu Sitzdemonstrationen an den Atomwaffenstandorten strafbar. (§ 111 STGB). Unsere Handzettel verteilten wir öffentlich rund um München: Starnberg, Dachau, FFB . Gerichte mussten sich mit unserer Beweisführung befassen. Es begann ein jahrelanges Ringen mit Gerichtsprozessen. Einige von uns waren auch im Gefängnis. Andere bemühten Oberlandesgerichte. Das Bundesverfassungsgericht hat schließlich 1992 die Anwendung des § 240 STGB auf uns Sitzdemonstranten gekippt. Unsere Gruppe ist durch unsere Aktionen persönlich zusammengewachsen.

Gerta ist weit über die Grenzen von München hinaus bekannt, denn es war ihr wichtig die Anti-Atomarbeit und die Friedensarbeit mit einander zu verbinden, von Wackersdorf bis zum Garchinger Reaktor mit dem waffenfähigen Uran.
Dazu kam die Aufklärungsarbeit über den verheerenden Einsatz von Uranmunition. Sie ließ es sich auch nicht nehmen, bis zu den Endlagern der strahlenden Atommülltransporte ins Wendland, nach Gorleben, zu fahren.
Unermüdlich klärte sie die Menschen im Umfeld über die Gefahren der atomaren sog. friedlichen Energie auf und gleichzeitig war sie praktisch aktiv für den Bau eines Windrades. Es ist ihr geglückt in Dachau.

Wir werden Gerta sehr vermissen. Ihre Erfahrungen als Kinder und Jugendtherapeutin kamen uns zugute. Sie konnte vermitteln und das war bei der Zusammenarbeit in der Friedensszene mit unterschiedlichen "Demokulturen" nicht gerade leicht.

Und sie konnte uns immer wieder überraschen - z.B. eines Tages mit ihrer Trommel. Trommelnd nahm sie an Pantomimen teil , so auch vor dem EUCOM in Stuttgart Vaihingen, der Kommandozentrale der USA für Kriegseinsätze, die Südflanke Europas abdeckend.

Früh - gleich nach dem Jugoslawienkrieg ist Gerta in die praktische Flüchtlingsarbeit eingestiegen. Ich erinnere mich an ihre Besuche im Container, wo sie mit den Frauen gestrickt und gehäkelt hat.
Letztendlich hat das ihrem Leben eine erstaunliche Wende gebracht, ihre Familie Gashi.

In unser aller Namen möchte ich ihr danke sagen:
Danke Gerta für Deine wunderbar schöpferische Friedensarbeit, für Deine Treue und Solidarität in Jahrzehnten und für Deine Empathie für Menschen in Deinem kleinen und großen Umfeld.