Ansprache am Grab von Renate Müller
Franz Iberl (BIFA) für das Münchner Friedensbündnis

Vielen Dank, Herr Pfarrer Stegmann - Liebe Gerda, liebe Trauergäste,

Inge Ammon, die eigentlich hier beginnen sollte, erinnerte am Telefon ausdrücklich an diesen Satz in der Traueranzeige, und so werden es alle bestätigen, die Renate Müller mehr kennenlernten, es heißt da:

„Ihr Leben galt der Arbeit für den Frieden und der Sorge um die Anderen“

In einem Satz sagt das aus, was Renate wirklich wichtig war.

Sie sah das immer auch ausgesprochen praktisch, typisch ihr Spendenaufruf den sie hinterließ: „Statt Kränze“ Spenden fürs Friedensbündnis.
Dazu eine Anmerkung – wir haben hier statt einem kommerziellen Gesteck oder Kranz doch einige Blumenstöcke zusammengestellt, ein bischen bunt und hübsch möchten wir das Gedenken an Renate schon!

Manche haben sich betroffen auf die Todesnachricht gemeldet und bedauern, daß sie heute nicht hier sein können. So gab es eine Mail, in der noch ausdrücklich eine Gedenkveranstaltung für Renate erhofft wurde.

Ich habe Renate gerne zugehört, und wir hatten im Laufe der Jahre viel Gelegenheit uns aus dem Leben zu erzählen. Ich merke jetzt aber, daß vieles in der Erinnerung doch wieder verloren ging, auch deshalb war ich sehr froh, daß vorhin Pfarrer Stegmann so eindrücklich über Renates Leben erzählen konnte.

Renate Müller hat die Armut der Kriegsjahre und ihrer Kindheit nie vergessen. So führte sie ihre späteren gesundheitlichen Probleme auch darauf zurück, daß damals schlicht das Geld für angemessene medizinische Versorgung fehlte.
Sie fand einen Ausbildungs- und Arbeitsplatz in einer Sparkasse.
Renate ging zeitweise für eine Au-Pair-Stelle nach Frankreich (Lyon glaube ich), und sie fand in Frankreich Freunde. Sie brauchte keine „große Politik“ für deutsch-französische Freundschaft.
Ihre möglicherweise schönste Zeit hatte sie dann in Berlin mit einem unternehmungslustigen Freundeskreis.

Als es dann später mit der Friedensarbeit heftiger wurde und wir uns schließlich begegneten, war Renate mittlerweile Angestellte bei der Flurbereinigung in München.
Ihr widerspenstiger Geist hatte es in einer Behörde glaube ich nicht leicht, aber ihre Prioritäten waren klar – in der ganzen Zeit unbeirrt die Friedensarbeit, und gleichzeitig kümmerte sie sich damals unvermindert um ihre Schützlinge und Patenkinder.

Es drängt sich hier geradezu auf, einen Nachruf auf Renate als Geschichte des Münchner Friedensbündnisses zu schreiben, eine Grundlage für uns, unter heutigen Bedingungen mit veränderter Umgebung und vielen Erfahrungen weiterzumachen … jetzt kann es natürlich nur um einzelne Meilensteine gehen.

Lange bevor das Friedensbündnis in Erscheinung trat, wuchs zur Zeit von Menschenkette, Bonner Großdemonstrationen und Krefelder Apell der Münchner Ostermarschkreis heran - mit diesem Namen erst mal ein Saisonbündnis. Mit der BIFA1
war damals Marion Lehmicke schon etliche Jahre unterwegs, und in der VVN/BdA2
war sie natürlich auch mit Renate Müller zusammen. Renate war dann auch dabei, als in dieser Phase die „Friedensinitiative Christen in der Region München“ gegründet wurde – u.a. mit Inge Ammon, die ich eingangs nannte.
Viele werden sich noch mit großer Sympathie an Emil Martin von Pax Christi erinnern - Pax Christi machte auch beim jährlichen Ostermarschkreis mit.

Die Zusammenarbeit über politische Lager hinweg war damals eine enorme Pionierarbeit angesichts antikommunistischer Feindbilder, heute kaum noch vorstellbar.

Das war aber eben auch über lange Jahre lokaler Vertrauensbildung gewachsen.

Noch ein Punkt an den jetzt Inge Ammon erinnert hat – die Christen-Friedensini unternahm 1987 eine Friedensfahrt in die DDR – also lange vor dem Mauerfall und legal. Renate hat auch davon gerne Anekdoten erzählt ...

Auch 1987 wurde anläßlich der Friedenswochen endlich der Name „Münchner Friedensbündnis“ eingeführt, Renate Müller, in der ganzen Zeit schon feste dabei, spielte bald darauf eine wesentliche Rolle um das fällige neue Friedensbüro zu finden und 1989 in Betrieb zu nehmen (noch vor dem Mauerfall später im November). Da war auch ihre Beharrlichkeit im Spiel, von der wir danach noch lange profitieren konnten.

Zur Erinnerung – damals war von einem „EineWeltHaus“ wie wir es heute kennen noch lange nichts zu sehen!
Unsere Vernetzung bestand aus Rundbriefen im Postversand und Telefonketten – und, lange unermüdlich ganz wesentlich von Renate mit sichergestellt, den Sprechstunden im Friedensbüro – Dienstag und Donnerstags je zwei Stunden. Wer das Friedensbüro kennt – nicht unbedingt gemütlich da unten.
Für das Kassenbuch im Friedensbüro setzte sie glaube ich auch den Maßstab – ok, es war ja auch ihr Fachgebiet.

Wichtig fürs Friedensbündnis war und ist auch der Verein Friedensbüro e.V., und ausdrücklich in Erinnerung bleibt ihre Akribie, mit der sie die Aufgaben dort wahrnahm – Renate wurde eine wichtige Ansprechpartnerin fürs Kulturreferat!

Es war ihre Sache nicht, im Vordergrund zu stehen. Vielmehr war die schon erwähnte Zusammenarbeit vor allem mit Marion Lehmicke fast eine ideale Arbeitsteilung – die Reden und Moderationen waren Marions Aufgabe, und Renate kümmerte sich um vieles andere Organisatorische.

Wie gut das funktionierte zeigt sich auch daran, daß Marion und Renate gerne zusammen in Urlaub fuhren, an die Nordsee, oder zu Freunden in Frankreich.

Übrigens, ein Versäumnis das mir zu spät klar geworden war – wir hätten Renates Französischkenntnisse mehr für Friedenskontakte nutzen können – vorbei.

Große Reden waren ihre Sache nicht, aber wenn es darum ging, den Platz des Friedensbündnisses in anderen Bündnissen zu behaupten, lies sie sich keinesfalls einschüchtern. Sie war ziemlich klein, hatte aber keine Angst z.B. in Wackersdorf am Zaun dabei zu sein! Oder auch mal nachts zu plakatieren, auch das.

Das klingt jetzt alles vielleicht wie eine trockene Aufzählung – aber, die Zusammenarbeit mit Renate war in meinen Augen eher ein Vergnügen. Die gemeinsame Sache war immer sonnenklar, und es ging irgendwie immer zusammen – trotz der meist unerfreulichen politischen Lage tat das gut!

Ein neueres gemeinsames und bemerkenswertes Ergebnis dieser Jahre möchte ich anführen: Die Gedenkstätte beim SS-Erschießungsplatz Hebertshausen und den Friedensweg. Erinnern wir uns – in den 80er Jahren zeigte das Gelände einige Hügel mit Wiesenbewuchs, keine vernünftige Informationen. Damals wurde der „Friedensweg Hebertshausen“ im Anschluß an die jährliche Befreiungsfeier in Dachau gestartet – diese Gedenkveranstaltung gibt es bis heute. Just in diesem Jahr zeigte sich ein besonderer Erfolg, als dort eine völlig neu gestaltete Anlage eröffnet wurde, die tatsächlich vorbildlich die Informationen den Besuchern präsentiert, und ein angemessenes Gedenken an die grausame Geschichte befördert. Die Idee war von Marion, der späte Erfolg ist gemeinsam.

In den letzten Jahren mußte Renate immer wieder ins Krankenhaus. Wenigstens wohnte sie in der Heßstraße im Altenheim so zentral, daß sie noch lange an den Treffen im Friedensbüro und anderswo teilnehmen konnte!

Der roten Faden in Renates Wirken sind natürlich ihre Überzeugungen, die sie immer bewußt machte:

  • Benachteiligung durch Armut war für sie niemals zu akzeptieren - Sozialabbau und Kriegshetze haben gemeinsame Wurzeln.
  • So waren Gewerkschaften für sie immer ein unverzichtbarer politischer Akteur und Faktor gerade für das Friedensthema.
  • Nie wieder Faschismus - Nie wieder Krieg war der zentrale Punkt, ganz klar!
    So war sie ja auch in der VVN.

Ich möchte zum Schluß noch ausdrücklich anführen, wie passend es sich gefügt hat, daß mit Pfarrer Stegmann die Kirche St. Markus heute den Geistlichen stellt – just die Gemeinde, in der heuer schon zum 2. Mal der ökumenische Gottesdienst am Morgen des Ostermarsches stattgefunden hat – das finde ich besonders schön und ganz im Sinne Renates!